Das Geheimnis der Meinungsführer
Soziale Gruppen sind fragile Gebilde. Bis zu einer gewissen Größe können selbst kleine Veränderungen einen erheblichen Einfluss auf die Dynamik der gruppeninternen Beziehungen haben. Und dies erweist sich vor allem dann als richtig, wenn man biographische Übergangssituationen betrachtet, wie Schulabschluss oder Familiengründung. Für die Mitglieder einer Gruppe wirken die ihnen zugewiesenen Rollen allerdings häufig wie in Stein gemeißelt. Das beginnt schon in der Schule oder sogar im Kindergarten. Der Pausenclown, das stille Mauerblümchen, der Mitläufer und, ja, der Meinungsführer, der bestimmt, wo’s lang geht.
Nicht selten setzen sich diese Muster auch im späteren Berufsleben fort. Daher ist häufig das Bild zu finden, dass die individuelle Persönlichkeit für die Statik der Rollen verantwortlich sei. Demnach gelangten besonders selbstbewusste und vertrauenswürdige Personen, die obendrein fachliche Kompetenz besitzen, in die Position des Meinungsführers. Dass es sich bei Rollen lediglich um Zuschreibungen von außen handelt, wird bei dieser Betrachtung aber meistens vergessen. In der Tat gilt wohl eher, dass Personen für kompetent und zuverlässig gehalten werden, weil sie Meinungsführer sind, als umgekehrt.
Die zentrale Eigenschaft, die einen Meinungsführer tatsächlich vom Gros der Meinungsfolger unterscheidet, ist seine Bereitschaft neue und radikale Wege zu gehen. Er ist im weitesten Sinne ein Avantgardist. Daher sind auch alle Versuche ihn zu imitieren, und dadurch das eigene Rollenbild abzulegen, zum Scheitern verurteilt. In der Wiederholung bereits vorgegebener Handlungsmuster verfestigt sich nur das Bild des Mitläufers. Wenn dieser Mechanismus jedoch schließlich erkannt ist, eröffnet sich die Möglichkeit, das eigene Handeln an Innovation auszurichten und selbst zum Entrepreneur zu werden.
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